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Einweihung BBF Bad Waldsee: Viel Lob für innovative Ideen

Verena Bentele spricht beim Festakt der Integrationswerkstätten Oberschwaben

Von Margret Welsch (Schwäbische Zeitung, Ausgabe Ravensburg/Weingarten)

Weingarten (sz) – Vor genau zehn Jahren haben die Integrationswerkstätten Oberschwaben (IWO) in der Stefan Rahl-Straße den Betrieb aufgenommen. Sie bieten 320 Menschen mit Behinderung vielfältige Arbeitsfelder und Förderung. Zur Feier des 10-jährigen Bestehens reiste die Behindertenbeauftragte der Bundesregierung, Verena Bentele, an. Bei der Podiumsdiskussion zum Thema Teilhaben forderte die ehemalige Biathletin mehr Durchlässigkeit zwischen beschützten Werkstätten und allgemeinem Arbeitsmarkt.

Es war ein Novum, als die IWO 2005 an den Start ging. Denn erstmals wurden hier Menschen mit geistiger und körperlicher Behinderung gemeinsam beschäftigt. Und es funktioniert bis heute, so der Geschäftsführer der IWO Dirk Weltzin: „Es ist wie in einer Familie, in der man sich mit seinen unterschiedlichen Fähigkeiten gegenseitig hilft.“ In der IWO sind zwei eigenständige Werkstätten aufgegangen, die der Stiftung des Körperbehindertenzentrums Oberschwaben und die Oberschwäbischen Werkstätten für Behinderte. Beide sind Gesellschafter der IWO einer gemeinnützigen GmbH.

In vielfältigen Arbeitsbereichen erbringen Menschen mit Behinderung Dienstleistungen für Unternehmen und Privatpersonen. Dazu gehören unter anderem Garten- und Landschaftspflege, ein EDV-Büroservice und ein Gebrauchtbuchhandel. Weltzin erwähnte den 2008 eröffneten CAP-Markt in der Innenstadt. Er schaffe lebensnahe Arbeitsplätze und sei ein wichtiger Baustein in der Nahversorgung. Mitten im Leben agiert auch der Fahrradlieferservice „IWO bringt’s zu Dir“. Um behinderten Menschen heimatnähere Fördermöglichkeiten zu bieten, wurde jetzt in Bad Waldsee ein Bildungs- und Begegnungszentrum eröffnet.

Thomas Gössling vom Landkreis Ravensburg, zuständig für die Eingliederungshilfe behinderter Menschen und Weingartens Bürgermeister Alexander Geiger lobten das innovative Konzept der IWO, das von den Fähigkeiten des Einzelnen ausgehe und die Teilhabe an Arbeit, Bildung und Gesellschaft weiter vorantreibe.

Forderung an Politik

In ihrem Beitrag forderte Verena Bentele für Menschen mit Behinderung mehr Möglichkeiten mitten in der Gesellschaft wirken zu können. CAP-Markt und Lieferservice seien gute Beispiele. Noch konsequenter müsste jedoch die UN-Behindertenrechtskonvention umgesetzt werden. Arbeit spiele dabei eine zentrale Rolle. Die Politik müsse dafür bessere Rahmenbedingung schaffen. Dabei sollten Menschen nicht über ihr Defizit definiert werden sondern über ihre Potenziale.

Eindrückliches Beispiel: Loredana Mignano. In der EDV-Dienstleistung in der IWO tätig, schaffte die Rollstuhlfahrerin, obwohl qualifiziert, den Sprung in den allgemeinen Arbeitsmarkt wie viele andere gut ausgebildete Behinderte nicht. Mehr „Durchlässigkeit“ forderte Bentele zwischen beschützten Werkstätten und Außenarbeitsplätzen bei der Podiumsdiskussion „Arbeiten, wo und wie andere auch“.

„Sind Behindertenwerkstätten eher Inklusionsverhinderer“, fragte Moderatorin Katrin Ziegler von „Regio TV“ provokant. Die Menschen müssten die Wahlfreiheit haben, so Bentele. Wo Qualifikation vorhanden sei, solle Arbeitsassistenz und Pflege am Arbeitsplatz abgedeckt werden. Dirk Weltzin führte das Jobcoaching der IWO ins Feld, die Werkstattmitarbeitern den Übergang zu einem Außenarbeitsplatz erleichtern sollen. Inklusion sei im Übrigen keine Einbahnstraße. Auch die Politik müsse für Arbeitgeber Anreize schaffen, Menschen mit Behinderung einzustellen.