Neues Bildungsprogramm 2024 erschienen Mehr Begeisterung pur beim "DEL2-Meister zum Anfassen" Mehr

Gesprächsabend „Demokratie in Weingarten“: Zugänge zu Mitbestimmung erleichtern

WEINGARTEN – Was ist Demokratie, wie funktioniert sie in Weingarten, und wie kann der einzelne sich einbringen? Um diese Themen kreiste ein Gesprächsabend, den die Integrations-Werkstätten Oberschwaben (IWO) zusammen mit der Stadt Weingarten im Rahmen des Bundesprogrammes „Demokratie leben“ organisierten.

Gut 70 Leute sind in den Begegnungsraum der Finka der Stiftung KBZO in das Neubaugebiet Kuenstraße Nord gekommen. Darunter Menschen, die aus Staaten geflüchtet sind, wo es keine Demokratie gibt, und wo Grundrechte mit Füßen getreten werden.

Barrieren abbauen, um Demokratie zu stärken. Das meinte Dirk Weltzin, Geschäftsführer der IWO, ganz wörtlich, wenn er barrierefreien Zugang zu  allen Räumen fordert, wo Politik gemacht wird, um Mitbestimmung von Menschen mit Behinderung zu ermöglichen. Barrieren abbauen aber auch in Bezug auf Sprache, um Informationen zu politischen Themen verständlicher zu machen. Da sieht Weltzin im Übrigen Schnittmengen von Menschen mit Behinderung und Geflüchteten, die, dem Deutsch noch nicht so mächtig, als Teil der Gesellschaft sich auch einbringen wollen.

Einen Grundkurs in Demokratie gab Uwe Hertrampf, Vorsitzender des Denkstätten-Kuratoriums NS-Dokumentation Oberschwaben. Am Beispiel einer Familie, die einen Ur-laub plant, bei dem alle mitreden dürfen, zeigt der einstige Lehrer demokratische Strukturen und Gewaltenteilung auf. Von der Regierung über die Opposition bis zur unabhängigen Justiz. Er erläuterte Mehrheitsentscheidungen und Minderheitsrechte und den Part der Parteien.

Wie das im Weingartner Stadtparlament funktioniert, darüber unterhielt sich die Integrationsbeauftragte Christine Bürger-Steinhauser mit dem CDU-Stadtrat Markus Brunnbauer. Von jung auf hätte er mitreden und mitgestalten wollen und Verantwortung übernehmen für das Gemeinwohl. Brunnbauer sprach von der Vielfalt der Meinungen, den Fraktionen, und wie am Ende die 26 Mitglieder doch immer zu einem Entschluss kämen, wenn auch manchmal nach heißen Diskussionen. Was das Interesse der Bürger an der Entwicklung Weingartens anbelangt, sei es nicht selten die eigene Betroffenheit, die Leute dann zum politischen Engagement bewegten.

„Miteinander, nicht gegeneinander“

Rainer Beck, Fachbereichsleiter bei der Stadt für Gesellschaft, Bildung und Soziales, ging auf das Zusammenspiel von Gemeinderat und Verwaltung ein, die das umsetzen muss, was das Stadtparlament beschließt, wobei stets Richtschnur sein soll, was das Beste für Weingarten sei. Die Zuhörer erfuhren auch vom Spannungsverhältnis zwischen dem politischen Gremium und den „Spezialisten“ auf der Stadt, die Themen teils unterschiedlich sehen würden. „Nur miteinander, nicht gegeneinander, kommen wir weiter“, sagte Beck.

Sich politisch engagieren würde sich gerne Eberhard Seehauser, seit acht Jahren im Rollstuhl. Er fragte nach Zugangs- und Informationsmöglichkeiten. In seiner Heimat im Taunus war er im Vorstand der Freien Wähler. Brunnbauer verweist auf Fraktions- und Parteiveranstaltungen, die öffentlich seien, darüber hinaus auf „Weingarten im Blick“. Seehauser monierte bei der Gelegenheit die Müllentsorgung. Es sei für Rollstuhlfahrer sehr schwer, die gelben Säcke selbst an die Sammelstellen zu bringen. Demokratie ist, wenn alle mitreden können.

Wie schwer das Leben einem gemacht wird, wenn keine Demokratie, sondern Diktatur und Willkür herrschen, das erzählte Suraj Arnt, der vor zwölf Jahren aus Afghanistan geflüchtet und nun bei der IWO beschäftigt ist. Repressalien und Angst prägten sein Leben dort. Als Hindu hätte er es besonders schwer gehabt im muslimischen Land. Sein Vater sei von den Taliban erschossen worden. In Deutschland könne er mit seiner Familie in Freiheit leben und sich entfalten. Und Suraj Arnt bringt sich ein in das Leben der Stadt. Dankbar für Respekt, Toleranz, Weltoffenheit und Vielfalt, die er hier erfährt.

Grundwerte der Demokratie, die nicht selbstverständlich sind, wie Dirk Weltzin abschließend sagte, und für die man immer wieder einstehen und kämpfen muss. Je mehr mitmachen, desto besser.

Text: Margret Welsch
Fotos: Clemens Riedesser


INFO:
www.facebook.com/iwoggmbh
www.demokratie-leben.de
www.weingarten-online.de

Hier geht's zu sämtlichen Angeboten im Rahmen des IWO-Projekts "Demokratie leben!"